Jeden ersten Mittwoch
Beim first mehr oder weniger blind date sind beide noch etwas verklemmt. Janine und David. Eigentlich heißen sie ja Emma und Johannes. Aber natürlich ist man vorsichtig bei solchen Verabredungen. Emma ist 20, Johannes Mitte 40. Johannes alias David ist froh, dass Janine so hübsch ist. Und Emma alias Janine empfindet ebenfalls eine gewisse Erleichterung über Davids Aussehen. Er kannte vom Foto nur Körper, nicht Kopf. Sie weder Körper noch Kopf. Und es ist das erste Mal, dass sie sich für Sex bezahlen lässt. Für ihn als Zahlenden nicht so ganz. Aber er sucht neue Facetten. Und sozusagen was Fixes. Gleich zu Beginn werden die Spielregeln festgelegt: Man macht das, wozu man gekommen ist. Und dann geht man wieder. Jeder kriegt, was er wollte. Johannes Sex, Emma genaugenommen auch und dazu noch Geld: 500 Euro für ihre Jugend und Schönheit und dafür, dass sie keine Professionelle ist, sondern—darauf legt David Wert—eine ganz normale Frau. Das ist die neue Facette. Keine persönlichen Informationen, keine Gefühle, nicht einmal ein Kuss. Und dann geht‘s zur Sache. Und es geht gut. Sehr gut sogar. So gut, dass sie sich wieder im selben Hotel im selben Zimmer zum erotischen Stelldichein verabreden. Und das geht so weiter, jeden ersten Mittwoch im Monat. Exklusive Sommerferien und Feiertage. Natürlich kann man sich eine Zeitlang einreden, dass das fröhliche Herumturnen ein Deal auf gleicher Augenhöhe ist. Keine Fragen, keine Antworten. Aber irgendwann kommt Zuneigung ins Spiel, und still und heimlich meldet sich die Neugierde über das Objekt der Begierde. Man will mehr wissen und erfährt auch ohne Fragen und Antworten immer mehr voneinander. Etwa, dass Johannes nicht David heißt und nicht gerade eine glückliche Ehe führt. Als Emma ihm eröffnet, dass sie nicht Janine ist und einen Freund hat, der ihre erotischen dates akzeptiert, beendet Johannes die monatlichen Treffen, um ihr „Glück“ nicht zu gefährden. Oder kann er es nicht ertragen, nicht der einzige Lover zu sein? Nach über einem Jahr gibt es ein Wiedersehen. Beim Anblick Emmas erübrigen sich alles Fragen. Sie ist schwanger. Nicht von Johannes, der nach einer Paartherapie mit seiner Frau wieder sehr glücklich ist. Oder doch nicht? Die Sache verkompliziert sich. Johannes wird nach Skandinavien versetzt. Haben die beiden noch eine Zukunft? Er liebt sie, diese Geschichten, wo es um Erotik und doch ernsthafte Gefühle und zu tiefst Menschliches geht. Stefan Vögel schreibt meisterhaft übers „Vögeln“, ohne die Pietätsgrenzen des Boulevards zu verletzen. Man kann natürlich nicht alles zeigen, will aber doch alles wissen. Vögel lässt es ordentlich prickeln zwischen zwei Menschen, die beide aus unterschiedlichen Gründen etwas suchen. Da geht es bald nicht mehr um den Körper, da übernimmt das Herz die Hauptrolle. Und dieses ewige Spiel zwischen Begierde und Liebe wird frisch, modern und berührend erzählt.
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